Newsletter Syrien / Homs 2/2017

 

Liebe Menschen aus der Pfarrgemeinde Maria Frieden! 

Die spontane Türkollekte am 18.und 19.Februar nach dem Gottesdienst zugunsten unserer syrischen Partnergemeinde in Homs hat 583,51 Euro ergeben! Allen großzügigen Spendern ein ganz herzliches Dankeschön! Sie sind großartig!

Gott segne Sie!

Ich versichere Ihnen, dass das Geld auf jeden Fall bei Jihad Nassif und seiner Gemeinde ankommt und den Menschen dort eine große Hilfe sein wird! Aber auch jedes Gebet und jeder Gedanke hilft den Menschen dort und gibt Ihnen Hoffnung und Zuversicht!

 Bitte geben Sie bei Ihrer Spende unbedingt den Verwendungszweck  Syrien/Homs an! Falls Sie eine Spendenquittung wünschen, geben Sie bitte Ihre Anschrift an. Unsere Pfarrsekretärin schickt Ihnen dann eine Bescheinigung zu.

 Spendenkonto:

Empfänger:                Pfarrgemeinde Maria Königin des Friedens
IBAN:                         DE 37 2605 0001 0046 6130 55
BIC:                           NOLADE 21 GOE
Verwendungszweck:   Syrien / Homs
Fragen beantworten gerne Beate und Andreas Spata: Tel. 05509 924294.

 Hier folgt Jihad Nassifs Brief in Orginallänge, aus dem ich für den Spendenaufruf zitiert habe: 
B. Spata

 

Nur für eine Stunde „Leen“!    

Wir wollten wieder etwas tun für die kleinen Kinder in der Gemeinde. Wieder Milch und Pampers. Sollten wir Ibtissam mitrechnen. Sie bekommt ihr 2. Kind erst in 3 Tagen,fragten mich die Mitarbeiter. 

Ibtissam wird, in 3 Tagen, einen Kaiserschnitt haben. Ist sie nicht die Frau von Wassim, dem wir letzte Woche, das Geld für Miete gegeben haben, antwortete ich? Ja und der Ehemann hat sich riesig gefreut, antwortete mein Mitarbeiter. Wassim, der Ehemann, sagte diese Spende ist rechtzeitig angekommen. 

Er braucht sie dringend, nächste Woche für die Entbindung seiner Frau Ibtissam.

Selbstverständlich müssen wir das erwartete Kind mitrechnen beim Verteilen von Milch und Pampers. Besonders dieses Kind möchte ich mitrechnen. Kindergeburten müssten wir immer unterstützen. Wir kennen sehr gut die finanzielle Situation seiner Eltern. Sie besuchen zwar selten die Hl. Messe, wie viele andere. Sie kommen aber zu uns, immer wenn sie was brauchen, oder wenn wir was zu verteilen haben. Wir haben viele solche Fälle, in allen Gemeinden. Vor unsere Nächstenliebe dürfen wir keine Mauern entstehen lassen. Helfen ist helfen. Wir haben genug Mauern in der Welt.   ….

 Nun zurück zu unserem Anliegen: Mittwoch – gleich nach dem Gottesdienst bekam ich einen Anruf. Er sollte der 10. gewesen sein. Woher sollten diese Leute wissen, dass wir einen Gottesdienst haben, wenn sie nur von Ostern zu Ostern die Kirche besuchen! Am anderen Ende der Leitung war Wassim. Als erstes sagte ich ihm  „Mabruk“ (ein Glückwunschausdruck bei uns und bedeutet: Es sei gesegnet BARAKA). Wassim antwortete nicht, sondern es ist nur noch sein Weinen zu hören. „Ist was mit dem Kind los?“ wollte ich von ihm wissen? Nein sagte er, seine Mutter, Ibtissam, ist tot. Keine Zeit mehr für Einzelheiten. Ich beendete das Gespräch und machte mich sofort auf dem Weg Richtung Krankenhaus. 

Alle weinen. Eine sehr bedrückende Atmosphäre. Leicht fand ich den Weg zur Leiche der Mutter. Ein helles rundes  noch halbwarmes zufriedenes Gesicht. 

Man meinte eher, sie schläft. Ihre Schwester wollte sie aufwecken: „ Wach auf ,wach auf!“ schreit sie sie an, aber vergeblich. Ich betete und ging raus. Ich konnte es dort im Raum, nicht mehr aushalten. Der Vater stand mit dem Rücken zur Wand. Ich wollte wissen, wie das überhaupt passieren konnte. Verblutet antwortete er. Bin zum Arzt gegangen und habe ihn ausgefragt. “Eine Stunde nach dem gut gelungenen Kaiserschnitt und Gebärmutterentfernung(!) während das neugeborene Kind noch im Schoß seiner Mutter lag, die es glücklich streichelte, fing sie an intensiv zu bluten. Wir haben keine Blutreserven hier im Krankenhaus gehabt, wie Sie wissen“, sagte mir der Arzt. Unser Blut fließt reichlich, seit 6 Jahren auf den Straßen Syriens, und in unseren Krankenhäusern mangelt es an Blut?! Bei jeder einzelnen Operation müssen die Angehörigen selbst das Blut,  von der sogenannten „Blutbank“, besorgen, erzählte mir der Arzt weiter.

“Die Blutbank liegt hinter dem Al Waaerviertel, das immer noch von „Moderaten Milizen mit Scharià“ beherrscht ist. Um das Blut zu holen muss man weite Umwege machen. Dort herrscht ein Halbfriedens-Abkommen zwischen der syr. Armee und den Milizen. 

Das Weltberühmte Viertel ist nicht einmal 2 Kilometer entfernt vom Krankenhaus. Die Angehörigen haben, aber mehr als eine Stunde mit dem Auto gebraucht, wegen der vielen Wachposten, um das Blut ins Krankenhaus zu bringen.  „Es war aber leider zu spät“, wiederholte der Arzt nochmal. „Und wie ist das mit den Krankenhauskosten?“ fragte ich ihn. „Wir wissen dass der Vater sehr arm ist. Wir werden ihm eine Ermäßigung machen“, antwortet der Arzt. „Nur eine Ermäßigung?!“ dachte ich laut und ging raus zum Vater, um den inzwischen vergessenen Säugling zu sehen. „Es ist ein Mädchen“ antwortete mir der Vater,  „Und wo liegt es?“ habe ich ihn gefragt. „Meine Mutter hat es heim gebracht.“ Großeltern bekommen bei uns immer noch Kinder zum groß ziehen.

„Wie heißt das Mädchen?“ „Leen“ lautete die Antwort. „Aber jetzt nach dem Tod der Mutter, wird es Ibtissam (= Ein Lächeln) heißen.“ Also Leen war ihr Name nur für eine Stunde, Ibtissam (Ein Lächeln) aber, für das ganze Leben. Das wünsche ich ihr auch. Ibtissam lebt mit einem Lächeln weiter.

Neun Monate lang lebte Ibtissam in guter Hoffnung, um morgen Vormittag beerdigt zu werden.

Das Spende, die für die Miete vorgesehen war, wollte der Vater für die Entbindung seiner Ibtissam verwenden. Nun musste er sie am Schluss für die Beerdigung seiner Ibtissam ausgeben. Auf dem Heimweg sagte ich zu meinen Begleitern: „Ab jetzt, wir müssen uns, um das Mädchen Ibtissam kümmern und als erstes für Milch und Pampers sorgen und das  gleich für morgen.“. „Warum erst morgen?“ lautete die Antwort einer meiner Begleiter. „Unser Apotheker, mit dem wir zusammenarbeiten, hat bestimmt noch offen.“ Sofort hin. Tatsächlich hat er noch offen gehabt . 

„Was nimmt ein Säugling an Milch gleich am ersten Tag nach seiner Geburt?“ fragte ich den Apotheker als erstes? „Kann es seiner Mutter nicht stillen?“ „Nein“. „Dann Nanmilch Nr.1,“ „Wieviel kostet das und wie viel Tage reicht eineDose aus?“ „3000 Lira für 3 Tage.“ 30.000 Tausend Lira im Monat allein für die Milch! Das ist doch das ganze Monatseinkommen des Vaters  und das noch ohne die Pampers hinzurechnen, die ja noch teurer sind. „Genug mit Rechnen“, sagte ich zu mir. Der Apotheker hatte aber nur 5 Milchdosen. Nur 4 davon wollte er uns verkaufen. Die fünfte hat er Ibtissam geschenkt, nach dem er ihre Geschichte mitbekommen hatte. „Wir haben im Pfarrhaus noch 6 Packungen Pampers“ teilte mir einer meiner Mitarbeiter mit. „Wir holen sie gleich“, sagte der andere. „Also los!“ „Halt“, rief der Apotheker hinter uns her: „Ihr habt die Milchflasche vergessen.“ Der Apotheker schenkte uns die Milchflasche dazu ,die wir völlig vergessen hätten. „Von nun an darf ich nichts vergessen“, sagte ich mir laut, „denn ich habe heute auch eine Tochter bekommen, und das mindestens für ein Jahr.“ 

„Jetzt muss ich in die Hamidiyeh (Altstadt) zurückfahren“. sagte ich zu meinen beiden Begleitern, die in Armenienviertel wohnen und selbst Flüchtlinge sind. „Morgen könnt ihr die Sachen abliefern, jetzt ist es zu Dunkel und außerdem  Eiskalt.“ Diese Welle von Kälte hört nicht auf in Homs. „Ich danke euch und bis morgen beim Gottesdienst. Gute Nacht.“ „Gute Nacht und Heimfahrt“, antworteten die beiden.

Eine halbe Stunde danach bekam ich einen Anruf. Ich erschrak. Anrufe nachts sind ein schlechtes Zeichen für die syr. Pfarrer. Meistens handelt es sich um Todesfälle, denn die Toten müssen noch am gleichen Tag, bei uns ,beerdigt werden. Nein diesmal, Gott sei Dank, nicht. Einer meiner Begleiter war es. Sie haben Milch und Pampers gerade bei der Großelternfamilie abgegeben: Sie konnten nicht bis Morgen abwarten. „Weder Dunkelheit noch Eiseskälte noch Gefahr kann uns scheiden von der Liebe Gottes..“ kam mir gleich im Kopf – nach einem Wort des Hl. Paulus. Danke liebe Liebe Gottes!

Aber auch Euch und Ihnen, liebe deutsche Freunde und Bekannte gilt mein bester Dank.  Abouna Jihad Nassif / Homs/ Syrien     04.02.2017