Info zum Glockenjubiläum in St. Norbert am Vierten Advent, 18.12.2021 - 65 Jahre Glockenweihe
65 Jahre Glocken von St. Norbert – Schicksale von Flucht, Vertreibung und Neubeginn - Wie die Menschen, so die Glocken.
Nachdem am 4. September 1954 der Grundstein zum Kirchenschiff von St. Norbert durch Weihbischof Johannes Bydolek gelegt wurde, konnte der Hauptbau am 18. Dezember 1955 vom Kölner Kardinal Joseph Frings konsekriert werden.
Im Laufe des Jahres 1956 wurde der Turm mit Glockenstuhl errichtet. Am 18. Dezember 1956, also vor 65 Jahren, wurden die drei Glocken geweiht. Zwei unserer Glocken haben, ähnlich wie die Menschen, die in Friedland die erste katholische Gemeinde bildeten, eine Geschichte von Flucht, Vertreibung und Neubeginn hinter sich.
Die älteste und in unserem Glockenstuhl die kleinste Glocke stammt aus der Zeit zwischen 1400 und 1500. Sie hat so viel erlebt, sie könnte Bücher schreiben! Zu uns kam sie aus der heute polnischen Ortschaft Welkersdorf bei Görlitz und Löwenberg in Niederschlesien. Welkersdorf wurde erstmals 1305 urkundlich erwähnt. Es hat viele Kriege erlebt und seine Kirchen waren mal evangelisch, mal katholisch. Die Glocke wurde im Zweiten Weltkrieg vor dem Einschmelzen zu Waffen und Munition gerettet und nach dem Krieg für Friedland zur Verfügung gestellt. Sie ist eine so genannte Patenglocke, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr an ihre Kirchengemeinde im Ostgebiet zurückgegeben werden konnte.
Die zweitälteste und in unserem Glockenstuhl die größte Glocke, ist heute 317 Jahre alt und ebenfalls eine Patenglocke. Sie wurde 1704 in Danzig gegossen und erklang lange Zeit über der ermländisch-masurischen Stadt Frauenburg, heute Frombork in Polen. Sie gehörte zur katholischen Stadtpfarrkirche St. Nikolaus, die aus dem 14. Jahrhundert stammt. In Frauenburg lebte Nikolaus Kopernikus zwischen 1473 und 1543. Kopernikus erforschte die Laufbahnen der Erde und der anderen Planeten zur Sonne. Er erkannte, dass die Erde als Planet um die Sonne kreist. Kopernikus läutete damit die Zeitenwende vom Mittelalter in die Neuzeit ein. Heute kann man den Ort seiner Experimente mit dem Foucaultschen Pendel besichtigen. Den Kirchort St. Nikolaus hat der Zweite Weltkrieg hart getroffen. Die Glocken wurden abgehängt und fortgebracht. Einige von ihnen wurden eingeschmolzen zu Waffen und Munition. Die heutige große Friedländer Glocke jedoch konnte davor bewahrt werden. Die gotische Stadtpfarrkirche brannte mitsamt ihrer barocken Innenausstattung gegen Ende des Zweiten Weltkrieges aus. Die Kirche blieb als Ruine stehen. Ab den 1960er Jahren wurde sie als Kesselhaus eines städtischen Heizkraftwerkes benutzt. Dadurch erhielt sie ein Dach und verfiel nicht noch weiter. Im Jahr 2005 wurde sie an die katholische Kirche zurück übertragen. Die Kirche ist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich und wartet seither auf ihre Wiederherstellung. Die Glocke aber läutet nun in Friedland.
Nur unsere mittlere Glocke ist eigens für St. Norbert angefertigt worden. Sie wurde 1956 von der Firma Petit und Gebr. Edelbrock in Gescher in NRW gegossen, nach Entwürfen von Pfarrer Josef Krahe. Die Glocke trägt die Geschichte von Jona, wie auch unser Fenster über dem Westportal an der Orgelempore. Auch findet man an ihr eine Ansicht der Kirche St. Norbert und eine Darstellung des Grenzzauns von Lager und Zonengrenze.
Wie die Schicksale der Menschen, die in oder durch Friedland eine neue Heimat für ihren Neubeginn gefunden haben, so gilt dies auch für unsere Glocken. Das Schöne daran ist: Sie klingen harmonisch zusammen!
Möge Gott der Herr unsere Kirche, unsere Glocken und seine Gemeinde schützen und leiten durch alle Zeiten.