(Kaum) Zu glauben - Osterimpuls von Dechant Wigbert Schwarze
Das Grab ist leer, der Stein weggerollt. So sieht es aus. Und jetzt? Überschäumende Freude, großes Fest, fette Schlagzeilen in allen überregionalen Medien?
Wohl eher nicht. Das ist heute nicht so, obwohl in der Kirche an vielen gedeckten Tischen sicher Ostern festlich begangen wird. Die fehlende Freude, das verhaltene Abwarten gab es aber auch damals schon, denn: „Sie überlegten noch, was sie von alldem halten sollten." Und auch Petrus fragte sich verwundert, was da wohl geschehen war. Diese Verwunderung hat sich über die letzten 2000 Jahre kaum verändert.
Erst im Laufe der Zeit wurde der Vorgang der Auferweckung Jesu selbst verbildlicht, wurden die Siegesgesten immer deutlicher: Jesus auf dem Sarkophag, über dem Sarkophag schwebend, strahlend dem Tod entwunden. Dabei sollte jedoch immer in Betracht gezogen werden, dass diese Bilder oft nicht das darstellen wollten, was sichtbar passiert war, sondern das, was mit uns und unserer Welt durch Jesus geschehen ist, also zumindest die Bedeutung des Nicht-Darstellbaren. So zeigt zum Beispiel eine der bekanntesten Darstellungen des Auferstandenen bei Matthias Grünewald auf dem Isenheimer Altar einen über dem Grab und der Welt schwebenden Jesus, der mit einer fast durchscheinenden weiß-gelben Körperfarbe und einem satt roten Gewand so überirdisch wirkt, dass die Bedeutung des Gemäldes einem ins Gesicht springt. Das ist nicht mehr der Mensch Jesus, hier zeigt Grünewald seine Göttlichkeit. Grünewald zeigt also nicht, was da am Grab geschehen ist, sondern er zeigt, was Jesus für ihn heute ist.
Die Evangelien haben beschrieben, dass die Auferstehung Jesu nicht den Zustand vor seinem Tod wiederherstellte. Jesus wurde sowohl von den Frauen als auch von seinen Jüngern und Gefährten nicht erkannt; erst durch seine Worte wurde ersichtlich, dass Jesus wohl nicht im Tod verblieben war. Somit wird deutlich, dass Auferstehung auch Veränderung bedeutet, Jesus nach der Auferstehung nicht mehr derselbe war.
So sah das auch Dietrich Bonhoeffer, der bis zu seinem Tod 1945 im KZ Flossenbürg zutiefst davon überzeugt war, dass der Glaube an die Auferstehung der und jedem Einzelnen die wirkliche Freiheit dazu gibt, für Gerechtigkeit und Frieden einzutreten und sich gegen Unterdrückung und Gewalt zu stellen. Die Auferstehung ist für ihn die Infragestellung all dessen, was die Logik dieser Welt ist.
Von Ostern her zu leben, vom Glauben, dass die Auferstehung die Überwindung des Todes und die Veränderung zu etwas völlig Neuem ist, gibt die Kraft zu einem Leben in der Nachfolge Christi. An die Auferstehung zu glauben, heißt, im eigenen Denken und Handeln frei und erlöst zu sein, daran zu glauben, dass Gott diese Welt nicht im Stich lässt und das Gute siegen wird.
In diesem Sinne: Frohe Ostern 2025.
Dechant Wigbert Schwarze